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Privatisierungen zahlen sich aus

Polen. Die Fußball-EM 2012 in Polen und der Ukraine ist Geschichte, die Stärke der polnischen Wirtschaft hingegen bleibt. Die Haushaltspolitik trägt nun Früchte.

Negative Beispiele, was so alles in der EU schiefgehen kann, wenn man dort Mitglied geworden ist, gibt es derzeit zuhauf. Von den positiven Fällen wie Polen wird hingegen wenig gesprochen, was im Übrigen viel über die Promotion-Fähigkeiten der Europäer sagt. Die Wirtschaftsbilanz des Landes seit dem EU-Beitritt 2004 und insbesondere in den vergangenen vier Jahren ist beeindruckend: So wuchs das BIP seit 2008 insgesamt um rund 20 Prozent, während das Minus im Handelssaldo moderat zurückgeführt werden konnte.

Anders als bei den meisten EU-Staaten stellt sich der Schuldenstand Polens mit 56,3 Prozent des BIP unter den gegebenen Umständen auch noch als sehr erträglich dar und liegt auch unter dem Maastricht-Kriterium von 60 Prozent.

Solides Wirtschaften
Zwar haben die wechselnden Regierungen seit 2004 auch nicht alles richtig gemacht; zumindest hat man sich aber in Polen an zwei wesentliche Maximen gehalten: Nicht wesentlich mehr auszugeben, als man steuerlich einnimmt, und an unnötigen Staatsbeteiligungen nicht festzuhalten. Sicherlich hat dem Land auch die großzügige Unterstützung der EU für Infrastrukturprojekte und agrarisch geprägte Regionen geholfen, doch ohne die konsequente Privatisierungspolitik wäre Polen schnell in eine ähnliche Schief Lage geraten wie aktuell einige südeuropäische Länder.

Sowohl der Börsengang der Bank PKO im Herbst 2004 als auch der des größten Versicherers PKU im April 2010 brachten dem Staat wichtige Erlöse zum Schuldenabbau. Darüber hinaus profitiert man von dem nachhaltigen Wiedererstarken der heimischen Industrieproduktion. Die Qualität und Produktivität der polnischen Industrie konnte in den vergangenen Jahren deutlich zulegen, Lohnzurückhaltung und eine kluge Notenbankpolitik taten ihr Übriges.

Kurzfristig zeichnet sich allerdings unter dem Einfluss der Euroschuldenkrise eine Abschwächung der polnischen Wirtschaft ab. Der Einkaufsmanagerindex fiel im Juni zum ersten Mal in dieser Dekade unter 50 Prozent (auf 48) und deutet auf eine stärkere Abschwächung des BIP hin. Für 2012 wird nur noch ein BIP-Wachstum von 3,6 nach 4,3 Prozent im Vorjahr erwartet. Besteht die Eurokrise in ihrer derzeitigen Dimension über mehr als die nächsten sechs Monate, dürften auch die Widerstandskräfte der robusten polnischen Wirtschaft schwinden.

Grund zum Schwarzmalen gibt es aber nicht, denn Polen gehörte über die vergangenen Jahre zu den dynamischsten Wachstumsregionen Europas. Das betrifft auch den polnischen Aktienmarkt, der dank unzähliger Börsengänge mittlerweile zum führenden der Region herangewachsen ist.

Attraktive Aktien
Unter den besten acht Werten unseres Aktienchecks des WIG-20 befinden sich auch zwei Banken. Dies spricht für die Solidität des polnischen Finanzsystems, das allerdings auch von einem gesunden Kredit- und Hypothekenmarkt profitiert. Ganz vorne liegt mit Lubelski Wegiel Bogdanka jedoch ein Kohleerzeuger, der von globalen Trends profitiert.

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